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Ländespielatmosphäre im Sportpark! Doch stell dir vor, die Lausitzer Nationalelf kommt und keiner geht hin. Während in der City die größte Alkoholikersubvention seit dem Ballermann unter dem seligen Deckmantel des Weihnachtsmarktes eröffnet wurde, verirrten sich gerade mal 2000 Hanseln ins Stadion. Und die wurden mit einer grausamen ersten Hälfte bestraft, weil Chemie sich nicht entscheiden konnte, ob sie das Tor treffen oder einen wertvollen Beitrag zur deutsch-tschechischen Nachbarschaft leisten sollten. |
Dabei hatte man in der Vorwoche ein beeindruckendes Zeugnis der eigenen Leistungsfähigkeit abgelegt. In einer mitreisenden Partie zwang man fast die Plauener Höhenflieger in die Knie. Doch das war gestern. Das Heute erinnerte eher an eine höfliche Altherrenrunde im Kekse-um-die-Ecke-kullern. Zwar rannte man wie verrückt in Richtung Tor, doch am Sechzehner versagten in bester Zimbo-Klee-Manier die Nerven, respektive die Befähigung des Toreschießens. So ist es sicher nicht verwunderlich, dass der halbe Dammsitz mit Herzinfarkt der Pause entgegenzitterte, welche aber noch einen Zuckerl enthalten sollte. Nach einer Ecke (keiner weiß woher) stand da plötzlich ein Zittauer (keiner weiß so recht wie der da hingekommen ist) und nischelte das Runde ins...ihr wisst schon. So hatte man in der Pause was zu tun. Wenn man Trainer Raab glauben schenken darf, trat die Mannschaft in der Kabine geschlossen zur Selbstkasteiung an. Und auch auf den Zuschauerrängen hatte man einige Wunden zu lecken. In den letzten Wochen referierten die großen Zeitung des Leipziger Dunst - und Landkreises in geschlossener Eintracht über den hiesigen Fußball im allgemeinen und das Finanzgebaren der Sachsen im speziellen. LVZ-Diplom-Zynikergott Guido Schäfer formulierte es am treffendsten: "Mathematiker Kölmel hat sich gründlich verrechnet" Kölmel, ihr wisst schon. Der Doktor Mabuse des Leipziger Fußballs, welcher "Pay-per-View" von Oberligaspielen berichten wollte (Für unsere BILD-Leser: "Bezahlfernsehen"!) Dabei darf man das nicht so eng sehen - Was sind schon Spiele von Madrid und Manchester, wenn man im Gegenzug Braunsbedra und Bischofswerda übertragen kann. Also, was tun, um der Insolvenzitis zu entgehen? Wie immer an solchen Punkten sind sie da, die Fusionatoren, die eine Zukunft nur unter dem Banner des VfB Sachsen sehen, kräftig unterstützt von den gesteuerten Gazetten, deren Redakteure händeringend nach Geschichten graben, um die Auflage zu erhalten. So startete die urdemokratische LVZ einen Aufruf, in dem sich die Leipziger zum Thema "Wie raus aus Liga 4?" äußern sollten. Dabei traten unter anderem solch fundierten Aussagen zu Tage, die aber von der dunklen Seite des Rathauses codiert wurden, um die Rechtschaffenheit der Fans zu kompromittieren. Doch die Redaktion des Ligatagebuches hat sich nach eingehender Recherche, handfester Bestechung und würdeloser Bettelei einen De-Codierungsschlüssel besorgt und übersetzt hier ab sofort seinen Lesern simultan die manipulierten Briefe: |
"Ich bin weder Fan des VfB noch des FC Sachsen. Aber um in Leipzig wieder attraktiven Fußball zu haben, ist eine Fusion unbedingt erforderlich. Man kann sich nur einen Verein leisten. Sponsoren werden viel leichter zu finden sein. Man sollte Fußballidole wie Bauchspieß, Frenzel usw. ansprechen, die die Fans vom VfB und FC Sachsen (die nicht für eine Fusion sind) davon überzeugen, dass nur eine Fusion sinnvoll ist." Decodierte Version: "Ich habe als Halma-Großmeister gar keine Ahnung, doch mein interdisziplinärer Anspruch auf alle Sportarten, mein übersteigertes Ego, welches mich ständig zwingt, ungefragt meine Meinung zu äußern, und meine ehemalige Position als SED-Milchgeldkassierer meinen, dass es nur hilft, wenn alle Leipziger Vereine in der Bundesliga spielen, damit ich in "ran" mal ein paar bekannte Gesichter sehen kann. Zur Not müssen sie dann halt zusammenlegen. Früher war das viel einfacher, da wurde angeordnet und ausgeführt, aber die Jugend von heute will ja immer ihren eigenen Kopf durchsetzen..." "Bei einer Fusion gehen von beiden Seiten vielleicht 2000 Fans nicht mehr zum Fußball. Aber da bleiben immer noch 2000 von jeder Seite übrig, die die Zeichen der Zeit erkannt haben und nicht so borniert sind. In fünf Jahren redet keiner mehr über Lok und Chemie , genau so wenig wie meine zehnjährige Tochter von der DDR redet." Decodierte Version: "Ist doch viel schöner, gegen Reutlingen und Mainz ins Stadion zu gehen. Und wer die Zeichen der Zeit nicht erkenen will, kann sich ja in den unüberdachten Teil des schönen neuen Stadions stellen, wenn es regnet. Hauptsache, es gibt nach den Spielen keinen Stau auf der Jahn-Allee. Obwohl, ist mir eigentlich egal, ich geh ja sowieso schon 20 Minuten eher. Und in 5 Jahren redet eh keiner mehr von Lok und Chemie, so wie meine 10-jährige Tochter dann nicht mehr von ihrem Drogenproblem redet." "Schiebt nicht die Verantwortung für eine Fusion immer zu den Fans beider Vereine. In vielen kleinen Fußballvereinen unserer Stadt ist sie schon lange vollzogen, und beide Fangruppen spielen Wochenende für Wochenende Schulter an Schulter für den Sieg. Wacht auf." Decodierte Version: "Bitte, bitte, bitte liebes Rathaus, lass doch diesen Scheiss mit der Demokratie und der Mitbestimmung. Wir beim SV haben auch nur zwei Entscheidungsträger: Den Blockwart und seine Frau. Und wenn mal einer ausschert, gibts gleich einen mit der großen Kelle. Und aus uns ist doch auch was vernünftiges geworden! Wachau!" "Den Leipziger Fußball kann nur ein ganz neuer Verein beleben. Eine Fusion von HFC & VfB bringt es etwas schneller voran. Wobei der neue Verein nichts mit HFC, VfB oder gar FC Sachsen zu tun hat. Wenn bei diesem Verein noch ein Konzern dahinter steckt, wie bei Bayer, könnte vielleicht Leuna sein, könnte ein Großverein entstehen. Dieser Verein sollte auch Fans überzeugen, die nichts mit VfB, HFC und FC Sachsen zu tun haben. Also neue Fans gewinnen und die alten Fans überzeugen und zu sich ziehen. Ein neuer Großverein mit starken Sponsoren für Mitteldeutschland in einem neuen Superstadion. Ansonsten ist die neue Schüssel immer leer." Decodierte Version: "Den Leipziger Fußball kann nur ein ganz neuer Verein beleben. Eine Fusion von HFC & VfB & FCS & Eintracht Sondershausen & Motor Buna Schkopau & Stahl Brandenburg & Schifffahrt Hafen Rostock & Motor Gohlis Nord & Herta BSC & Bayern München & Manchester United & Boca Juniors & Real Valladolid und/oder Motor Stötteritz würde potenzielle Sponsoren nach Mitteldeutschland bringen. Die Stadt sollte auch Fans überzeugen, die nichts mit dem FCS, HFC, oder VfB zu tun haben, also z.B. von Amica Wronki, Liteks Lowetsch oder Pannathinaikos Senftenberg. Ein neuer Großverein mit starken Sponsoren für Mitteldeutschland in einem neuen Superstadion. Ansonsten ist die neue Schüssel immer leer." |
Es gab also eine Menge Gesprächsstoff in der Halbzeitpause. Als just die Diskussion eskalieren wollte, fiel den Leutzscher Spielern aber rechtzeitig wieder ein, dass sie ein Spiel nur gewinnen, wenn sie mindestens ein Tor mehr als ihr Gegner schießen. Und so ließ man in aller Kollegialität die Herren Hänsel, Bauer und Kopunovic mal am Pot des Goalgetters schnüffeln. Damit nahm die ALFREDgewollte Natur wieder ihren Lauf und standesgemäß schickte man die Zittauer mit 3:1 nach Hause. Das Leben ist schön. |
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